Das steckt hinter dem neuen Ehegatten-Notvertretungsrecht!

Das steckt hinter dem neuen Ehegatten- Notvertretungsrecht!

Es ist beschlossen: Die Gesetzesreform § 1358 BGB soll zukünftig ein Notvertretungsrecht für Ehepartner*innen in medizinischen Akutsituationen ermöglichen. So sollen sich Eheleute gegenseitig vertreten lassen können, wenn der Partner oder die Partnerin seine oder ihre Gesundheitssorge nicht mehr übernehmen kann – beispielsweise aufgrund von Bewusstlosigkeit oder anderer Krankheitszustände.

Hier erfahren Sie, was die Reform genau beinhaltet, warum sie für jede verheiratete Person jeden Alters sinnvoll ist, und warum sie aber eine persönlich erklärte Vorsorgevollmacht auf keinen Fall ablöst!

 

Ab wann ist das Gesetz gültig?

Am 05. März 2021 hat der Bundestag den von der Bundesregierung formulierten Gesetzesentwurf zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts angenommen. In Kraft treten wird diese Reform dann zum Januar 2023.

Was lange währt, wird endlich besser: Die neue Reform tritt zum Januar 2023 in Kraft und macht die eheliche Notfallvertretung möglich.

Ab dann wird es also für Nutzer akut. Ab dann dürfen Eheleute und Partner in eingetragenen Lebensgemeinschaften den jeweils anderen in Angelegenheiten der Gesundheitssorge vertreten, sobald dieser gesundheitsbedingt nicht mehr in der Lage ist, selbst Entscheidungen zu treffen.

 

Wie war es vorher?

Nach bisher geltendem Recht können Eheleute keinerlei Entscheidungen für ihre Partnerin oder ihren Partner über medizinische Vorgehensweisen treffen, wenn sie oder er gesundheitsbedingt nicht mehr dazu in der Lage ist. Sie sind nur dann stellvertretend mündig, wenn sie oder er explizit als rechtliche*r Betreuer*in bestellt oder im Voraus eine Vorsorgevollmacht erteilt wurde.

Problematik: Statistisch gesehen gehen die meisten Menschen davon aus, dass ihre Ehepartner*in oder die nächsten Verwandten im Notfall zuständig sein dürfen.

Das ist ein wirkliches Problem. Denn die allermeisten Menschen, vor allem die jüngeren und sogar die Zielgruppe bis 59 Jahre, gehen intuitiv davon aus, dass in einer medizinischen Notfallsituation der oder die Ehepartner*in für sie entscheiden dürfe. Das zeigt eine forsa-Studie, von der in der Altersgruppe 18–29 Jahre nur zwei von 100 Befragten angaben, eine Vorsorgevollmacht erteilt zu haben. In der Altersgruppe 45–59 Jahre waren es lediglich nur 23 von 100 Befragten. Doch sollte es tatsächlich einmal zur gesundheitlichen Akutsituation kommen, gibt es ohne Vorsorgevollmacht keine Möglichkeit, die Entscheidungskraft zu übernehmen. Ergänzend dazu ist eine Patientenverfügung ebenfalls hilfreich.

Das Gesetz sorgt in medizinischen Notfallsituationen für die automatisch übertragene Entscheidungskraft an Ehepartner*in – und kommt damit den Wunsch der Menschen in einer solchen Akutsituation näher.

Das neue Gesetz, welches die automatische Vertretung in Zukunft bedingt ermöglicht, kommt somit dem Wunsch der Menschen entgegen, dass im Fall einer Einwilligungsunfähigkeit der Partner, die Partnerin oder die Kinder vertretungsberechtigt sind. Die Reform tritt zwar erst ab Januar 2023 in Kraft, es lohnt sich aber dennoch, sich schon jetzt zu informieren. Vor allem, weil diese Reform lediglich im Notfall greift, aber immer noch nicht umfassende Bereiche mit einbezieht. Um es vorwegzunehmen: Immer noch bleibt es wichtig, sich im Rahmen der persönlichen Vorsorge eine Vollmacht und eine Patientenverfügung zu erstellen.

 

Was bringt die Reform und warum ist eine Vorsorgevollmacht weiterhin wichtig?

Durch die Gesetzesänderung nach § 1358 BGB wird zukünftig in Angelegenheit der Gesundheitssorge ein Notvertretungsrecht eingeräumt, welches sich auf Eheleute bezieht. Dieses Recht umfasst Entscheidungen über Untersuchungen und Behandlungen und die damit im engen Zusammenhang stehenden vermögensrechtlichen Entscheidungen – also zum Beispiel Behandlungsverträge oder Ansprüche gegenüber Dritten.

Wer sich wirklich in Sicherheit und nach seinen individuellen Wünschen betreut wissen will, setzt weiterhin auf die eigens erstellte und schriftlich festgehaltene Patientenverfügung.

Die neuen Regelungen sind allerdings ausdrücklich nur für Notfälle bestimmt. Der Zusatz, dass die Vertretungsvollmacht auf sechs Monate limitiert ist, verdeutlicht das. Außerdem muss der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin schriftlich bestätigen, dass die medizinischen Voraussetzungen für eine Vertretung tatsächlich vorliegen. Darüber hinaus sind Bereiche wie Wohnangelegenheiten, anderer behördliche Themen und Vermögenssorge nicht miteingeschlossen.

Das alles sind triftige Gründe, sich nicht nur auf die Vertretungsvollmacht zu verlassen, sondern sich dennoch um eine schriftlich erklärte Vorsorgevollmacht zu kümmern.

 

Was, wenn man gar nicht will, dass im Notfall Eheleute automatisch entscheidungsbefugt sind?

Ganz wichtig: Mit der Neuregelung wird auch einem Missbrauch entgegengewirkt, indem eine Ehegattenvertretung dann ausgeschlossen ist, wenn die erkrankte Person zuvor einen entgegenstehenden Willen geäußert oder in einer Vorsorgevollmacht eine andere Person ermächtigt hat. Auch bei in Trennung lebenden Ehepartnern gilt das Notvertretungsrecht nicht.

Möchte man nicht, dass die Ehepartner automatisch die Entscheidungsgewalt übernehmen, lohnt sich eine Patientenverfügung mit individueller Nennung von Bezugs- und Betreuungspersonen umso mehr.

Darüber hinaus ist es so, dass bei Gültigkeit der Notvertretung das Gericht nach drei Monaten einen gesetzlichen Betreuer bestellen muss. Achtung: Auch, wenn das Gericht Verwandtschaftsgrade berücksichtigt, müssen das nicht zwingend der oder die Ehepartner*in oder die Kinder sein. Stellt sich heraus, dass sich beispielsweise bei möglicher Erbschaft ein Konflikt ergeben könnte, werden nähere Verwandte aus der Vertretungsvollmacht ausgeschlossen.

 

Fazit: Hervorragende Gesetzesreform, die die Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung allerdings weiterhin zur wichtigen persönlichen Vorsorge macht.

Das Fazit lautet also: Das neue Gesetz ist definitiv ein guter und wichtiger Schritt in Richtung Bedürfnisse der Menschen in medizinischen Akutsituationen. Dennoch gibt es wichtige Bereiche, die dieses Gesetz nicht mit einbezieht. Gleichzeitig ist es zeitlich limitiert. Und es geht nicht auf individuelle Wünsche der erkrankten Person ein.

Es bleibt also ganz klar die Empfehlung, sich möglichst rechtzeitig um eine schriftlich erklärte Vorsorgevollmacht samt Patientenverfügung zu kümmern. So können individuelle Regelungen getroffen, bevorzugte Vertrauenspersonen genannt und Details zu Maßnahmen definiert werden. Und das ohne zeitliches Limit und bezogen auf alle Lebens- und Gesundheitsbereiche.

von Jana Lorenz

 

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