Resilienz bei Jugendlichen: Krisen bewältigen und Stärken fördern

Resilienz bei Jugendlichen: Krisen bewältigen und Stärken fördern

Kinder und besonders Jugendliche werden im Laufe ihrer persönlichen Entwicklung immer wieder Belastungen, Konflikten und Unsicherheiten ausgesetzt. Während manche darunter leiden, entwickeln andere nahezu intuitiv einen positiven Umgang mit diesen Konfrontationen, eine sogenannte Resilienz. Diese Art von psychischer Widerstandsfähigkeit wird jedoch laufend auf die Probe gestellt: Leistungsdruck, Stress und Überforderung nehmen bereits bei Kindern immer mehr zu und finden nicht selten im Jugendalter ihren Höhepunkt. Mobbing und Ablehnung durch Gleichaltrige, körperliche Veränderungen, die eigene Identitätsentwicklung, neue Freundschaften und Kontakte, Zukunfts- und Versagensängste, aber auch junge Elternschaft können Stresssituationen auslösen und die Auseinandersetzung mit den eigenen Stärken und Schwächen für Jugendliche noch sehr viel herausfordernder machen.

Jugendliche befinden sich in einer Lebensphase, in der sie emotional besonders gefordert werden. In der Kindheit gehen sie oft schon grundsätzlich unbekümmerter und positiver durch das Leben, während sie mit zunehmendem Lebensalter anfangen, viele Dinge in Frage zu stellen. Mit bestimmten Bewältigungsstrategien und Handlungsweisen können Sie Ihrem Kind dabei helfen, seine Resilienz zu stärken und sich so auf mögliche Belastungssituationen vorzubereiten.

 

Was bedeutet Resilienz?

Der Begriff „Resilienz“ stammt ursprünglich aus der Werkstoffkunde und bezeichnet die Spannkraft, Widerstandsfähigkeit oder Elastizität von Stoffen. Im Zusammenhang mit Menschen bezeichnet Resilienz die psychische Belastbarkeit und Flexibilität im Umgang mit belastenden Situationen und Lebensereignissen, man könnte sie auch das „Immunsystem der Psyche“ nennen. Resiliente Kinder und Jugendliche können besonders positiv und flexibel mit Krisen und Belastungen umgehen. Resilienz fördern bedeutet in diesem Sinne also, Herausforderungen und Belastungen nicht einfach negativ hinzunehmen, sondern sie als eine Möglichkeit der persönlichen Weiterentwicklung zu sehen und daraus eine positive Herangehensweise zu entwickeln.

 

Resilienz ist erlernbar

Natürlich wird man nicht resilient geboren, sondern entwickelt während der Kindheit – hauptsächlich durch die Interaktion mit der Umwelt – bestimmte Verhaltensmuster. Diese können sich mit der Zeit aber immer wieder sowohl zum Positiven als auch zum Negativen verändern, selbst im Erwachsenenalter noch. Die gute Nachricht ist: Man kann Resilienz immer wieder neu erlernen und stärken, auch wenn man in einer extrem verletzlichen Phase ist. Das ist häufig bei älteren Kindern und Jugendlichen der Fall, denn sie befinden sich in den Entwicklungsphasen wie beispielsweise der Pubertät auf einer regelrechten „Achterbahn der Gefühle“ und sind daher besonders sensibel. Umso wichtiger ist es, Kinder und Jugendliche in diesen Übergangsphasen zu unterstützen und zu fördern.

 

Wie kann ich mein Kind unterstützen und seine Resilienz stärken?

Resilienz kann durch zahlreiche Aspekte aufgebaut und gestärkt werden: Wertschätzung, Akzeptanz, Vertrauen, Sicherheitsgefühl, Optimismus, Kommunikation, Humor, Struktur und feste Regeln, Ermutigung zur Eigenständigkeit, positive Kontakte zu Gleichaltrigen, positive Vorbilder usw. Da die Basis für eine resiliente Persönlichkeit bereits im Kindesalter gelegt wird, ist es wichtig, dass ein Kind mindestens zu einem Elternteil eine stabile emotionale Bindung aufbauen kann und diese möglichst bis zum jungen Erwachsenenalter aufrechterhalten wird. Auch das Pflegen von Beziehungen zu anderen Familienmitgliedern wie den Großeltern, Onkeln und Tanten oder weiteren engen Verwandten als zusätzliche Bezugspersonen kann die Resilienz Ihres Kindes stärken, indem es positive Verhaltensweisen erlebt und nachahmt. Auch positive Kontakte zwischen Gleichaltrigen können die psychische Widerstandsfähigkeit fördern, denn sie lernen dadurch Akzeptanz und Vertrauen, aber auch die Reaktionsmöglichkeiten im Umgang mit Konfliktsituationen, die sich zwischen weniger vertrauten Personen außerhalb der Familie abspielen können.

Effektiv fördern können Sie Ihr Kind am besten, wenn Sie seine Fähigkeiten, Talente und Stärken kennen. Deshalb ist der erste Schritt, einmal zu schauen: Was kann Ihr Kind besonders gut und in welcher Weise bringt es seine Stärken zum Ausdruck? Während einige Jugendliche eher still sind und sich mehr durch kreative Tätigkeiten – etwa durch Zeichnen, Musizieren oder Schreiben – ausdrücken, können andere wiederum besonders gut kommunizieren und sind sozial engagiert. Konzentrieren Sie sich unbedingt auf diese individuellen Stärken und nicht auf die Defizite Ihres Kindes. Ermutigen Sie es, indem Sie beispielsweise Zeichen- und Sportkurse ermöglichen oder Ihr Kind zu Fußballspielen und vielleicht sogar zu Talentwettbewerben begleiten, wenn es möchte. Signalisieren Sie immer wieder Ihr Vertrauen in seine Fähigkeiten und übertragen Sie Ihrem Kind auch regelmäßig etwas Verantwortung, zum Beispiel eine Aufgabe im Haushalt übernehmen, auf jüngere Geschwister aufpassen oder einen wichtigen Anruf erledigen.

 

Lassen Sie Raum für eigenständiges Handeln

Besonders mit pubertierenden Kindern im Haus mag es Ihnen manchmal schwerfallen, doch versuchen Sie auch, nicht alles selbst in die Hand nehmen, wenn Ihr Kind vor Herausforderungen steht, sondern Ansätze zum eigenständigen Handeln zu bieten. Statt zu sagen: „Ich erledige das für dich“, können Sie nachfragen: „Weißt du schon, wie du das und das machen möchtest?“, oder: „Brauchst du meine Hilfe?“ Hierfür ist oft viel Geduld nötig, denn es braucht manchmal etwas Zeit, bis Jugendliche positive Herangehensweisen für sich entwickeln, jedoch fördern Sie durch Ihre Zurückhaltung in hohem Maße die Selbstmotivation Ihres Kindes. Reflektieren Sie immer wieder zwischendurch, in welcher Lage sich Ihr Kind gerade befindet und wie es sich fühlen mag, und versuchen Sie nachsichtig und verständnisvoll zu sein. Lassen Sie Ihr Kind eigene Erfahrungen machen und zeigen Sie, dass es wichtig und durchaus normal ist, auch Fehler zu machen, denn nur so kann Ihr Kind dazulernen. Sprechen Sie gerne ein Lob aus, wenn Ihr Kind sich für etwas eingesetzt hat oder ein Problem selbst in die Hand genommen hat.

So elementar das eigenständige Handeln in Bezug auf Problemlösung ist, so kann zu viel Freiraum die Entwicklung von Resilienz jedoch auch behindern. Besonders Jugendliche neigen dazu, in herausfordernden Situationen sehr emotional zu reagieren und auch einmal den Bezug zur Normalität zu verlieren, da sich der Hormonhaushalt während der Pubertät stark verändert. Deshalb sind in manchen Bereichen Routinen und Grenzen wichtig, denn sie bieten Stabilität und Sicherheit. Setzen Sie beispielsweise feste Zeiten für Mahlzeiten, Besuche oder den Medienkonsum fest und reden Sie auch über die möglichen Konsequenzen, falls gegen die Regeln verstoßen wird. Hierdurch wird gleichzeitig die Selbstverantwortlichkeit und die Disziplin Ihres Kindes gefördert.

 

Kommunikation und Selbstfürsorge

Wie bei allen erzieherischen Unterstützungsmaßnahmen ist auch bei der Förderung von Resilienz Kommunikation das Allerwichtigste. Jugendliche sind in ihrer Entwicklung stark mit sich selbst beschäftigt und verletzlich, deshalb brauchen sie keinen tadelnden Erwachsenen, sondern jemanden, der ihnen zuhört und für sie da ist. Bieten Sie Ihrem Kind ein offenes Ohr an und wenn es reden möchte, hören Sie aufmerksam zu und unterbrechen Sie nicht. Versuchen Sie nach Möglichkeit, keine Handlungsanleitung vorzugeben, sondern lediglich Denkanstöße zu liefern. Wenn Sie selbst einmal in einen Konflikt involviert sind, benutzen Sie klare Formulierungen und keine Rätselsätze mit viel Raum für Fehlinterpretation. Zum Beispiel: „Es wäre schön, wenn du das nächste Mal zu der vereinbarten Uhrzeit zu Hause bist“, und nicht: „Es ist ja schon dunkel draußen!“

Nicht zuletzt kann auch Ihre Selbstfürsorge zur Stärkung Ihres Kindes beitragen, denn Sie sind eine wichtige Bezugsperson mit einer Vorbildfunktion. Am einfachsten lernt Ihr Kind positive Verhaltensweisen, wenn Sie selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Dazu zählen ausreichend Bewegung und gute Ernährung, aber auch Entspannungspausen und Hobbys, die für Sie einen guten Gegenpol zum Arbeitsalltag bilden. Bringen Sie selbst positive Energie in den Alltag ein, durch ein wenig Humor, mehr Lachen und hier und da ein paar Witze oder Sprüche. Sie werden merken, dass von Ihrer Leichtigkeit und Ihrer positiven Einstellung auch eine ganze Menge auf Ihr Kind ausstrahlen wird, und nicht zuletzt profitiert davon auch die übrige Familie.

 

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