Self-Care im Eltern-Alltag: So finden Sie mehr Zeit für sich
Die Wäsche muss noch gewaschen werden, der Kühlschrank ist leer und der nächste Elternabend steht vor der Tür. Eigentlich würden Sie gern mal wieder lesen oder mit Freunden ins Kino gehen, doch die To-do-Liste scheint einfach nicht kürzer werden zu wollen. Kommt Ihnen das bekannt vor? Viele Eltern kennen dieses Problem, zu wenig Zeit für sich zu haben.
Wenn man Kinder bekommt, dreht sich der Alltag um 180 Grad. Zwischen Familie, Arbeit und Haushalt opfern sich Eltern oft völlig auf und stellen ihre eigenen Bedürfnisse – meist unbewusst – ganz hinten an. Dies führt nicht selten zu psychischen und körperlichen Beschwerden wie zum Beispiel Schlafmangel, Erschöpfungszuständen, depressiven Stimmungen oder Konzentrationsproblemen. Umso wichtiger ist es, dass Eltern sich regelmäßig Zeit für sich nehmen. Ein schlechtes Gewissen oder das Gefühl, egoistisch zu sein, sorgen jedoch häufig dafür, dass die sogenannte Self-Care oder auch Selbstfürsorge vernachlässigt wird. Warum Self-Care aber gerade für Eltern so wichtig ist und wie Sie mehr davon in Ihren Alltag einbauen können, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Was bedeutet Self-Care?
Das englische Wort „Self-Care“ heißt so viel wie Selbstfürsorge und kann für jeden eine andere Bedeutung haben. Es setzt sich zusammen aus den Worten „Self“ = Selbst und „Care“ = pflegen, sich kümmern. Self-Care bezieht sich auf alle Lebensbereiche und wirkt auf körperlicher, emotionaler, sozialer und praktischer Ebene gleichermaßen. Beim Prinzip der Selbstfürsorge geht es in erster Linie darum, inwiefern eine Person sich um sich selbst kümmert, der Fokus liegt also vor allem auf dem „Selbst“. Self-Care hat daher viel mit Selbstliebe zu tun. Sie definiert, auf welche Art und Weise eine Person sich selbst Gutes tun kann und in welchem Ausmaß sie auf die eigenen Bedürfnisse achtet.
Da die Persönlichkeit von Menschen höchst unterschiedlich ist, gibt es kein Pauschalrezept für die optimale Self-Care. Doch eine grundsätzliche Erkenntnis dient immer als Basis der Selbstfürsorge: Es ist in Ordnung, sich Zeit für sich selbst zu nehmen und das eigene Befinden zu einer Priorität zu machen. Das Leben verändert sich unbestreitbar, wenn man Kinder bekommt, und es ist kaum vermeidbar, dass manche Aspekte des Alltags schnell aus dem Gleichgewicht geraten und vernachlässigt werden. Selbstfürsorge kann dabei helfen, dieses Gleichgewicht wiederherzustellen.
Warum Selbstfürsorge so wichtig ist
Warum ist es so wichtig, sich um sich selbst zu kümmern? Weil es nicht nur um Sie selbst geht! Haben Sie nicht genug Energie und Ressourcen, um den Alltag zu meistern und sich um Ihre Familie zu kümmern, leiden alle Beteiligten darunter. Self-Care bedeutet also keinesfalls, dass Sie egoistisch sind, und sollte auch nicht negativ bewertet werden, ganz im Gegenteil. Ein beliebtes Beispiel zur Verdeutlichung ist die Notfall-Situation im Flugzeug: Die Anweisungen besagen, dass Sie zuerst sich selbst die Sauerstoffmaske aufsetzen müssen und erst danach den übrigen Passagieren. Sie können also anderen erst helfen und sich um sie kümmern, sobald Sie sich um sich selbst gekümmert haben.
Self-Care bedeutet auch, dem eigenen Urteil zu vertrauen, wenn es um Balance im Alltag geht. Sie allein sind dafür zuständig, dafür zu sorgen, dass Sie ein möglichst gutes Gleichgewicht zwischen Ihren eigenen Wünschen und Bedürfnissen und den Anforderungen des Alltags herstellen, denn kein anderer übernimmt diesen Part für Sie. Viele Elternteile vernachlässigen ihre eigenen Bedürfnisse über lange Zeit und suchen irgendwann deren Erfüllung bei anderen Personen, zum Beispiel dem Partner oder der Partnerin. Aufgrund dieser Erwartungshaltung wird die Verantwortung für das eigene Wohlbefinden nach außen übertragen, was jedoch nur selten funktioniert. Das Ergebnis ist häufig Frustration, Enttäuschung und noch mehr Stress. Im schlimmsten Fall kommen beide Partner zu kurz und schlussendlich leidet auch die Beziehung darunter.
Besonders problematisch kann es werden, wenn ein Elternteil oder sogar beide nicht gelernt haben, die eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen, denn Kinder schauen sich die Verhaltensweisen ihrer Eltern ab und nehmen sie als Vorbild. Dadurch entsteht nicht selten ein Teufelskreis, bei dem Kinder sich später genauso verhalten und dann wiederum unter denselben Folgen leiden. Deshalb ist es wichtig, Ihren Kindern mit gutem Beispiel voranzugehen und ihnen einen „gesunden Egoismus“ vorzuleben.
Wie Sie mehr Self-Care in Ihren Alltag einbauen können
Wenn Sie das Gefühl haben, zu kurz zu kommen, müssen Sie zuerst herausfinden, was die Ursache des Ungleichgewichts ist: Was hält Sie davon ab, sich Zeit für sich selbst zu nehmen? Dafür kann es verschiedene Gründe geben. Der Haushalt lässt sich nicht mehr bewältigen, Sie sind ständig übermüdet und leiden unter Energiemangel, Sie haben ein schlechtes Gewissen gegenüber Ihrer Familie oder haben finanzielle Probleme. Das alles können Auslöser für mangelnde Selbstfürsorge sein. Seien Sie ehrlich zu sich selbst und reden Sie auch mit Ihrem Partner oder Ihrer Familie darüber, denn nur so können Sie herausfinden, an was es Ihnen mangelt und wie Sie die Situation verbessern können.
Sobald Ihnen die Gründe klar sind, gilt es, konkrete Lösungsmöglichkeiten zu finden. Entscheiden Sie zunächst, ob Sie es selbst schaffen, mehr Selbstfürsorge in Ihren Alltag zu integrieren, oder ob Sie professionelle Hilfe hinzuziehen möchten. Besonders bei psychischen Belastungen oder starken körperlichen Beschwerden kann es hilfreich sein, sich Unterstützung zu holen.
Überlegen Sie, was Ihnen persönlich guttun könnte. Es gibt keine Maßstäbe und keine Regeln, wenn es um das eigene Wohlbefinden und die Gestaltung von Self-Care-Zeit geht. Vielleicht möchten Sie schon lange einmal wieder ein neues Buch lesen, Sport treiben oder ins Massagestudio gehen, vielleicht planen Sie aber auch einen lang ersehnten Frisörbesuch oder einfach nur ein regelmäßiges Nickerchen. Was genau Sie brauchen, können nur Sie selbst herausfinden. Die folgenden Punkte können Ihnen als Anregung dienen:
- Bitten Sie um Hilfe. Suchen Sie sich eine*n Babysitter*in oder Unterstützung im Haushalt. Auch Freunde, Verwandte und Nachbarn können manchmal mit eingebunden werden. Tipp: Wenn das Geld für eine Haushaltshilfe oder Kinderbetreuung fehlt, werden Sie kreativ. Sie können sich zum Beispiel ab und zu mit einem befreundeten Paar beim Babysitten abwechseln oder sich im privaten Rahmen übergangsweise andere Aufwandsentschädigungen – zum Beispiel Hilfe bei etwas anderem, das Ihnen liegt, etwas Gekochtes oder Gebackenes usw. – überlegen.
- Ernährung ist das A und O. Unser Körper ist unser Motor und auch, wenn es verlockend ist, verzichten Sie auf zu viel Süßes und Fastfood. Wenn Sie wenig Zeit zum Kochen haben, versuchen Sie es mal mit einem sogenannten „Meal Prep“. Dabei werden die Mahlzeiten und Snacks an einem Tag – meistens am Wochenende – vorgekocht und vorbereitet, sodass Sie sie an stressigen Tagen nur noch kurz aufwärmen müssen.
- Bewegen Sie sich. Egal, ob Sie lieber joggen gehen, Yoga oder Krafttraining im Fitnessstudio machen, Bewegung baut Stress ab und schüttet Endorphine im Körper aus. Schon ein kurzer Spaziergang im Park kann Wunder wirken.
- Ausmisten und aufräumen. Ist der Wohnraum überhäuft mit Dingen, kann dies schnell Unwohlsein hervorrufen. Auch, wenn es anfangs ein wenig Zeit kostet: Versuchen Sie Stück für Stück, Ihre Räume von unnötigen Dingen zu befreien und ein wenig aufzuräumen. Sie werden sehen, dass sich mit der neuen Ordnung auch Ihr Wohlbefinden deutlich verbessern wird.
- Pause von den Medien. Das Durchscrollen am Handy und exzessives Fernsehen zählen nicht als Self-Care-Zeit, denn sie spenden keine neue Energie und lassen auch den Körper nicht zur Ruhe kommen. Legen Sie deshalb während Ihrer freien Zeiten und auch zwischendurch so oft wie möglich elektronische Geräte beiseite und konzentrieren Sie sich auf das, was gerade um Sie herum passiert.
- Achtsamkeit. Das Internet ist überflutet von Achtsamkeitstrends, doch nicht ohne Grund. Achtsamkeit bedeutet, mehr im Moment zu leben, weniger zu hetzen und auch weniger an vieles gleichzeitig zu denken. Besonders geeignet dafür sind kleine Meditationen, die es oft kostenfrei im Internet zu finden gibt, aber bereits ein paar Minuten Nichtstun am Tag reichen aus, um Stress im Kopf zu reduzieren. Nehmen Sie sich fünf Minuten ohne Ablenkung, in denen Sie – mit offenen oder geschlossenen Augen – bewusst wahrnehmen, was Sie gerade tun, sehen oder hören, und versuchen Sie, alle anderen Gedanken beiseite zu schieben. Das kann beispielsweise morgens nach dem Aufstehen sein, während des Kaffeetrinkens oder abends, bevor Sie einschlafen.
- Lernen, Nein zu sagen. Lernen Sie, nicht allem und jedem zuzusagen, sondern versuchen Sie vorher abzuwägen, was wirklich wichtig ist und was für Sie nicht bloß ein Termin aus Pflichtgefühl wäre. Eine der wichtigsten Lektionen von Selbstfürsorge ist es, zwischen Wichtigkeit und Dringlichkeit zu unterscheiden und dabei die eigenen Grenzen abzustecken. Fragen Sie sich vor jedem Termin und jeder Situation: Ist es gerade dringend und zwingend notwendig, das zu tun, oder kann ich es aufschieben bzw. absagen?
- Ermutigen Sie Ihre Kinder dazu, eigenständiger zu handeln. Je mehr Ihre Kinder lernen, Dinge alleine zu machen (Stichwort: „Independent Play“) – zum Beispiel alleine zu spielen oder etwas mit anderen Kindern zu machen – desto mehr Zeit können Sie dabei für sich nutzen.
- Integrieren Sie Ihre Kinder in die Self-Care. Selbstfürsorge funktioniert auch, wenn andere dabei sind. So können Sie beispielsweise Ihr Kind in den Sport integrieren, einen gemeinsamen Mittagsspaziergang unternehmen oder Ihr Kind beim Baden neben sich auf den Boden setzen und spielen lassen, während Sie entspannen.
Last, but not least: Bleiben Sie gerade zu Anfang realistisch. Fangen Sie mit kleinen Etappen an, die Sie langsam als Routine in Ihren Alltag integrieren, und versuchen Sie, keinen weiteren Punkt auf Ihrer To-do-Liste daraus zu machen. Planen Sie beispielsweise statt eines zweistündigen Besuchs im Fitnessstudio lieber eine kurze Yoga-Session oder ein Workout zu Hause ein und steigern Sie sich langsam Woche für Woche, bis Sie Ihre Balance gefunden haben. Sprechen Sie sich mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin ab, um einen guten Alltags-Flow zu finden, denn auch Partner*innen brauchen Auszeiten. Einige dieser Auszeiten kann man gut zusammen planen, wenn man möchte, beispielsweise abendliche Spaziergänge, ein gemeinsames Bad oder einen Saunabesuch.
Self-Care als Alleinerziehende*r
Besonders für Alleinerziehende ist es oft schwer, Zeit für sich zu nehmen, denn sie haben keine*n Partner*in, mit dem oder der sie sich die Alltagsaufgaben teilen können. Fragen Sie auch in diesem Fall Familie und Freunde, soweit vorhanden, nach Hilfe und überlegen Sie, ob Sie eine Haushaltshilfe oder Kinderbetreuung hinzuziehen könnten. Was besonders Alleinerziehenden hilft, sind eine feste Routine und gute Organisation. Planen Sie alle Koch- und Haushaltsaktivitäten für ein oder zwei Wochen im Voraus und organisieren Sie Ihre Termine übersichtlich, mit Raum für Pausen. Planen Sie sich zwischendurch kleine Lücken ein, in denen Sie einfach mal durchatmen, Ihr Handy ausschalten und nichts tun.
Die oben genannten Anregungen für mehr Selbstfürsorge funktionieren auch im Fall von Alleinerziehenden wunderbar. Nutzen Sie die Zeit, wenn Ihr Kind bereits im Bett ist, oder binden Sie es einfach in Ihre Entspannungszeit mit ein. Was außerdem hilft: Laden Sie Freunde, Verwandte oder auch andere Eltern zum Essen ein, denn geteiltes Leid ist bekanntlich halbes Leid. Integrieren Sie kleine Workouts oder Entspannungsübungen in Ihren Tagesablauf und schreiben Sie am Abend einmal alles auf, was Ihnen durch den Kopf geht. Dadurch werden Sie alle belastenden Gedanken des Tages los und können besser zur Ruhe kommen.
Grundsätzlich gilt: Machen Sie sich klar, dass Ihre Kräfte nicht unendlich sind. Unrealistische Erwartungen an die eigene Leistungsfähigkeit führen meistens nur zu Enttäuschung und Erschöpfung. Sie können und müssen nicht alles schaffen, manches kann liegen bleiben, ohne dass die Welt davon untergeht.
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