Emotionen steuern
Es will einfach nicht so klappen, wie man es sich wünscht. Der Bus fährt einem vor der Nase davon. Draußen regnet’s in Strömen. Die Verabredung, auf die man sich gefreut oder sich vorbereitet hat, wurde abgesagt. Der Hund hört nicht. Der Chef bringt einen auf die Palme. Und ach, heute ist einfach wieder so ein Tag.
„Ich wird‘ verrückt. Das darf doch nicht wahr sein. Immer der gleiche Mist!“
Wer in seinem Alltag häufig mit Emotionen wie Wut, Trauer oder Zorn zu tun hat, hat es schwer. Denn diese Gefühle verlangen einem einiges ab. Die gute Nachricht ist: Es gibt Methoden, wie man diese starken und belastenden Emotionen ins Positive umwandelt.
„Jetzt reicht’s mir – ich kann einfach nicht mehr.“
Es kann sehr befreiend sein, seine Gefühle einfach ausleben zu dürfen. Für manche Menschen ist es eine Strategie, sich mal so richtig auszuweinen – und dadurch Druck abzubauen. Andere schreien einmal kräftig und lauthals in den leeren Raum. Und all das ist vollkommen in Ordnung und sogar gesund. Allerdings gilt es als kontraproduktiv, etwa Aggressionen frei auszuleben oder in unendlicher, nicht enden wollender Trauer zu versinken.
„Ich muss mich zusammenreißen. Sonst wird es nur noch schlimmer. Aber wie?“
Hilfreicher ist es, zu lernen, seine Emotionen wenigstens zu einem bekömmlichen Teil regulieren zu können. Denn das schützt nicht nur andere, sondern kann vor allem uns selbst helfen, den Alltag mit mehr Positivität aufzuladen.
Doch wie soll diese Regulation genau funktionieren? Sie besteht keineswegs darin, die Gefühle zu unterdrücken und sich aufkommende Wut „schönzuklatschen“. Vielmehr geht es um einen Perspektivwechsel und um Katalysatoren. Es geht um Strategien, die wir uns antrainieren und immer besser darin werden, sie gezielt anzuwenden – zu Gunsten eines positiven Mindsets und körperlicher Ausgeglichenheit.
In drei Schritten aus einer negativen Situation das Beste machen
- Schritt eins: Wahrnehmung
Im ersten Schritt muss es eine Wahrnehmung, ein Bewusstsein für das aufkommende Gefühl geben. Wenn ich beispielsweise merke, wie Wut in mir aufsteigt, weil mein Chef sich mal wieder nur für die Defizite in meiner Arbeit konzentriert, statt das zu loben, was gut gelaufen ist, mache ich mir bewusst: Jetzt werde ich wütend. Und wenn mich das Regenwetter draußen frustriert, merke ich: Aha, mich ärgert das schlechte Wetter. Bei einer geplatzten Verabredung stelle ich fest, dass es mich traurig macht, dass dieses Ereignis nun doch nicht stattfindet.
- Schritt zwei: Anerkennung
Im zweiten Schritt sollte durchaus eine Anerkennung stattfinden: Ja, ich werde wütend, frustriert oder traurig. Und das ist ok. Denn ich habe meine Gründe dafür.
- Schritt drei: Neubewertung
Im dritten Schritt folgt eine Neubewertung der Situation. Und das ist der entscheidende Punkt. Statt mich meinen Emotionen hilflos auszuliefern und mich Trauer, Wut oder Zorn hinzugeben, überlege ich, welche positiven Aspekte mir diese Situation beispielsweise liefern könnte: Mein Chef kritisiert mich zwar, holt mich so aber auch aus meiner Komfortzone heraus. Jetzt regnet es, dafür scheint bald wieder die Sonne. Die Verabredung findet nicht statt, weshalb ich jetzt die Zeit habe, etwas anderes Schönes zu tun.
„Ok, ich hole einmal tief Luft, akzeptiere meine Emotion und betrachte die Situation jetzt von allen Seiten.“
Wer sich auf die positiven Aspekte konzentriert, hat es einfacher, sich selbst zu regulieren. Wer sich regulieren kann, findet die Ruhe, über Alternativen nachzudenken: Vielleicht sollte ich bei meinem Chef einmal um ein Face-to-Face-Gespräch bitten und zur Sprache bringen, wie sehr mich seine Art zu kritisieren statt zu loben, demotiviert und frustriert. Vielleicht sollte ich mir eine schicke Outdoor-Bekleidung zulegen, die es mir ermöglicht, auch im Regen bestens unterwegs zu sein. Vielleicht gibt es ja ein neues Hörbuch, für das ich endlich Zeit finde?
„Endlich habe ich für mich einen Weg gefunden, diesen Alltagsballast abwerfen zu können und wieder Platz für Gutes zu schaffen.“
Gleichzeitig ist es immer und für die allermeisten Menschen wichtig, Ventile für Emotionen zu schaffen, die es einem ermöglichen, Druck, Stress und Wut auf gesunde Art und Weise abzubauen. Ob präventiv oder im akuten Fall. Anfangs haben wir das Beispiel vom Weinen genannt. Aber auch ein Treffen mit Freunden, ein ausgleichendes Sportprogramm wie Boxen oder Yoga, ein Spaziergang in der Natur oder ein Spa-Besuch können unsere Stimmungen in eine angenehmere Balance bringen.
„Am Anfang war es eine echte Herausforderung und hat nicht immer ganz geklappt. Aber mit der Zeit wird man Profi.“
Wenn es Ihnen bisher schwerfällt, sich in belastenden Situationen selbst zu regulieren oder sich in Stimmungen hineinzusteigern, versuchen Sie es mal: Nehmen Sie es sich eine Woche lang vor, herausstechende und belastende Gefühle, die Sie empfinden, genau unter die Lupe zu nehmen. Wenden Sie Schritt eins bis drei an, führen Sie am besten schriftliches Protokoll darüber. Und finden Sie heraus, ob auch Ihnen diese Methode dabei hilft, aus Negativem eine Verbesserung zu machen.
Behalten Sie sich gleichzeitig in Erinnerung: Wir alle sind Menschen. Und Emotionen gehören in vollem Umfang dazu. Das ist auch gut so. Sonst wäre das Leben ja langweilig.
von Jana Lorenz