So bereiten Sie sich vor: 7 Tipps für die Pflegebegutachtung
Nach dem Antrag auf einen Pflegegrad steht meist der Hausbesuch durch den Medizinischen Dienst an. Es lohnt sich, sich auf den Termin gut vorzubereiten. Was Sie vorab tun können, welche Unterlagen wichtig sind und warum Normalität wichtig ist, erfahren Sie in diesem Artikel.
Fest steht: Wer in Deutschland Pflege benötigt, kann verschiedene Leistungen der Pflegeversicherung nutzen. Eine Voraussetzung dafür ist die offizielle Bestätigung der Pflegebedürftigkeit und die Einstufung in einen Pflegegrad. Der Ablauf ist dabei klar geregelt: Nach dem Antrag bei der Pflegekasse folgt in der Regel ein Hausbesuch zur Pflegebegutachtung. Bei gesetzlich Versicherten übernimmt dies der Medizinische Dienst (MD) der Krankenkassen oder ein unabhängiger Pflegegutachter oder Pflegegutachterin. Bei privat Versicherten ist die Firma medicproof für die Begutachtung zuständig.
Der Termin zur Begutachtung sorgt häufig für Aufregung. Denn davon hängt entscheidend ab, ob eine Person einen Pflegegrad erhält und in welchen der fünf Pflegegrade sie eingestuft wird. Dazu kommt, dass es viele Menschen Überwindung kostet, sich dem Thema Pflege zu öffnen und Hilfe von Pflege-Dienstleistern in Anspruch zu nehmen. Wie gut, dass Sie sich dafür entschieden haben und Sie Unterstützung suchen! Pflegen ist nichts, was eine Person alleine meistern kann und schon gar nicht nebenbei, wie es gesellschaftlich oft noch suggeriert wird.
So können Sie sich gut auf den Termin zur Pflegebegutachtung vorbereiten:
Gut informieren
Wie bei jedem wichtigen Termin lohnt es sich, sich vorab über den Ablauf und Inhalt zu informieren. Wichtig zu wissen: Das Gutachten wird anhand fester Kriterien und einem vorgefertigten Fragenkatalog erstellt. Der Pflegegutachter oder die Pflegegutachterin prüfen bei dem Termin folgende sechs Bereiche:- Mobilität
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
- Verhaltensweisen und psychische Probleme
- Selbstversorgung
- Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer KontaktDie Bereiche werden unterschiedlich stark gewertet. Die größte Gewichtung mit 40 Prozent hat der Bereich Selbstversorgung.
Hier finden Sie Informationen des Medizinischen Dienstes zum Ablauf: https://www.medizinischerdienst.dePflegeberatung vorab nutzen
Viele Pflege-Situationen sind komplex, und es ist gar nicht so einfach, sich vorab über die eigene Situation und den Pflegebedarf klar zu werden. Es kann daher hilfreich sein, sich bereits vor der Pflegebegutachtung mit einem Pflegeberater oder einer Pflegeberaterin auszutauschen. FamPlus bietet etwa Beratungen an und kann Angehörige vor dem Termin mit dem Medizinischen Dienst wertvolle Tipps für die Begutachtung geben. Auf den Seiten von famPlus finden Sie auch einen Pflegegradrechner, mit dem Sie den voraus-sichtlichen Pflegegrad ermitteln können. https://www.famplus.de/gast/Auch ein Ansprechpartner ist die Pflegekasse. Was viele nicht wissen: Bereits ab dem Tag der Antragstellung können Sie Beratung nutzen, entweder über die Pflegekasse oder eine andere Pflegeberatungsstelle. Hier finden Sie eine unabhängige Online-Datenbank zur Suche nach Pflegeberatungsstellen: https://www.zqp.de/beratung-pflege/
Pflegetagebuch führen
Im Gespräch wird der Gutachter oder die Gutachterin verschiedene Dinge erfragen. Es gilt festzustellen, wie selbstständig die Person den Alltag regeln und mit der Krankheit umgehen kann. Abgefragt wird, in welchen Bereichen die Person bereits Hilfe bekommt, wer diese ausführt und wie dies funktioniert. In dem Moment fällt es oft gar nicht so leicht, solche Schwierigkeiten parat zu haben. Daher ist es hilfreich, wenn Sie vorab ein Pflegetagebuch führen und die Herausforderungen im Alltag festhalten. Notieren Sie jeden Handgriff, den Sie für die pflegebedürftige Person tun. Schreiben Sie auch scheinbar Selbstverständliches auf, wie: "Morgens stehe ich zehn Minuten im Bad und warte, während er sich am Waschbecken wäscht, weil ihm oft schwindelig wird."Für viele Angehörige ist es auch eine emotionale Hürde und fühlt sich an, als sei man illoyal gegenüber der Person, wenn man über Probleme spricht und darüber, was im Alltag nicht gut funktioniert. Leichter fällt es, wenn Sie dies in einem Pflegetagebuch festgehalten haben, das Sie dem Gutachter oder der Gutachterin zeigen können. So müssen bestimmte Dinge nicht besprochen werden, finden aber dennoch Gehör. Online finden Sie Vorlagen für Pflegetagebücher. Umfangreich ist etwas das der KKH: https://www.kkh.de
Gemeinsam vor Ort sein
So ein Besuch zur Begutachtung ist aufregend. Sie können die Person gut unterstützen, indem Sie sie bei dem Termin nicht allein lassen. Nehmen Sie sich Zeit für die Begutachtung. Das gibt Sicherheit. Möglicherweise fällt es der Person schwer, bestimmte Fragen zu beantworten oder sie nimmt bestimmte Herausforderungen nicht wahr. Im Gespräch können Sie Ihre eigenen Beobachtungen schildern und tragen dazu bei, dass der Gutachter oder die Gutachterin sich ein umfassendes Bild von der Pflegesituation machen können. Parallel dazu haben Sie bei dem Termin auch die Möglichkeit, mit dem Gutachter oder der Gutachterin im Anschluss noch unter vier Augen zu sprechen.Es kann zudem hilfreich sein, Unterstützung von außen hinzuziehen, etwa einen Pflegeberater oder eine Pflegeberaterin oder eine Mitarbeiterin des Pflegedienstes, falls Sie bereits Unterstützung bekommen.
Wichtige Unterlagen bereithalten
Damit der Gutachter oder die Gutachterin schnell einen guten Überblick über die häusliche Situation bekommt, ist es hilfreich, wichtige Dokumente bereitzulegen. Dazu zählen:- aktuelle Berichte vom Hausarzt oder der Hausärztin
- aktuelle Befunde vom Facharzt oder der Fachärztin
- eventuell den Entlassbericht der Klinik oder Reha-Einrichtung
- aktueller Medikamentenplan
- Pflege-Dokumentation, falls bereits ein Pflegedienst unterstütztAlle Hilfsmittel auflisten
Zur Vorbereitung auf den Termin gehört auch, dass Sie alle bereits benutzen Hilfsmittel auflisten. Denn auch dies wird mitunter im Eifer des Gesprächs vergessen. Wenn alles notiert ist, ist der Pflegegutachter oder die Pflegegutachterin rasch gut informiert und kann den aktuellen Pflegebedarf gut einschätzen. Zu den Hilfsmitteln gehören unter anderem:- Brille
- Hörgerät
- Inkontinenzvorlagen
- Hausnotruf
- Gehstock
- KompressionsstrümpfeEin Blick auf das Formular des MD Westfalen-Lippe kann hilfreich sein: https://www.md-wl.de
Normalität beibehalten
Extra nochmal aufräumen und gründlich putzen, damit die Wohnung ordentlich erscheint, bevor der Besuch kommt? Das ist normal und macht vermutlich fast jede Person. Wenn der Hausbesuch zur Pflegebegutachtung ansteht, sollten Sie allerdings davon Abstand nehmen und die Normalität beibehalten. Nur so können Sie und einen ehrlichen Einblick in den Pflegealltag gewähren und auch die Wohnung zeigen, wie sie normalerweise aussieht. Das ist wichtig, da der Gutachter oder die Gutachterin nur dann die aktuelle Situation und den Pflegebedarf richtig einschätzen kann.
Autorin: Peggy Elfmann
Quellen:
https://famplus.de/gast/angebot/pflegeberatung
https://www.biva.de/deutsches-pflegesystem/pflegebeduerftig-was-nun/pflegeberatung/
https://www.biva.de/deutsches-pflegesystem/mdk-begutachtung/mdk-begutachtung-vorbereiten/