Regenbogenfamilien: Zwischen Vielfalt und Hürden
In den letzten Jahrzehnten hat sich das Bild der klassischen Familie erheblich verändert. Neben den traditionellen Familienmodellen bestehend aus Mutter, Vater und Kind(ern) gewinnen zunehmend auch andere Formen der Familienkonstellation an Bedeutung. Eine dieser Formen sind die Regenbogenfamilien. Laut dem Statistischen Bundesamt gab es im Jahr 2021 etwa 19.000 gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften mit Kindern in Deutschland. Diese Zahl ist in den letzten Jahren weiter gestiegen, was zeigt, dass diese Gruppe ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft ist. Doch was genau versteht man unter diesem Begriff, unterscheiden sie sich von anderen Familienmodellen und welche Hürden und Herausforderungen müssen die Regenbogenfamilien alltäglich bewältigen?
Was sind Regenbogenfamilien?
Regenbogenfamilien sind Familien, in denen mindestens ein Elternteil lesbisch, schwul, bisexuell, transgender oder queer ist. Das klingt erstmal ganz simpel, aber die Realität dahinter ist oft komplex und bunt - eben wie ein Regenbogen.
Die Konstellationen der Familien sind dabei sehr unterschiedlich. Es gibt zum Beispiel Kinder mit gleichgeschlechtlichen Eltern, Kinder aus biologischen Abstammungsverhältnis oder Adoptierte. Manche Regenbogenfamilien bestehen aus Alleinerziehenden, die zur LGBTQ+-Community gehören, andere aus Patchwork-Konstellationen, bei denen Kinder aus früheren heterosexuellen Beziehungen Teil einer neuen, queeren Familie werden. Entscheidend ist, dass Kinder in diesen Familien, unabhängig davon, ob sie aus früheren heterosexuellen Beziehungen stammen und ob sie dauerhaft im Haushalt leben, Teil der familiären Einheit sind.
Vergleich zu traditionellen Familien
Im Kern unterscheiden sich Regenbogenfamilien von traditionellen Familien in der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität der Eltern. Doch abgesehen davon, dass die Eltern gleichgeschlechtlich oder queer sind, weisen Regenbogenfamilien ähnliche Strukturen und Herausforderungen wie jede andere Familie auf. Sie stehen vor den gleichen täglichen Aufgaben und Pflichten, von der Kindererziehung bis hin zur Haushaltsführung. Es gibt jedoch einige spezifische Schwierigkeiten, denen Regenbogenfamilien begegnen. Dazu gehören rechtliche Hürden wie die Anerkennung beider Elternteile, insbesondere wenn nur ein Teil biologisch mit dem Kind verwandt ist.
Der Weg zur Anerkennung und Akzeptanz
Homosexualität und Kinderwunsch galten lange Zeit als unvereinbar. Doch die anhaltende öffentliche Diskussion und die wachsende Präsenz von LGBTQ+-Themen in den Medien sowie rechtliche Entwicklungen haben zu einer erhöhten gesellschaftlichen Akzeptanz geführt. Die Ehe für alle, die 2017 in Deutschland eingeführt wurde, war ein bedeutender Meilenstein auf dem Weg zur Gleichstellung. Diese Entwicklung hat nicht nur rechtliche Vorteile gebracht, sondern auch dazu beigetragen, Vorurteile abzubauen und das öffentliche Bewusstsein zu schärfen. Somit wurden gleichgeschlechtliche Paare immer stärker wahrgenommen, und Fortschritte in der Reproduktionsmedizin ermöglichen es nicht-heterosexuellen Personen, ihren Kinderwunsch zu erfüllen.
Jedoch bleiben einige Hürden bestehen. Der rechtliche Weg sowie die gesellschaftliche Akzeptanz bringen betroffene Familien weiterhin immer noch emotional und finanziell an ihre Grenzen. Individuelle Situationen im Alltag durch das soziale Umfeld beeinflussen und fordern die moderne Familienform. Beispielhaft sind dabei Sätze wie "Warum hast du zwei Papas/Mamas?" oder auch komische Blicke beim Abholen oder Bringen in die Kita.
Der Kinderwunsch in Regenbogenfamilien
Die Umsetzung des Kinderwunsches ist für gleichgeschlechtliche Paare oft ein komplexer und langwieriger Prozess, da sie auf die Unterstützung Dritter angewiesen sind, wie Samenspender, Leihmütter oder abgebende Eltern. Diese Verfahren sind nicht nur kostspielig, sondern auch rechtlich und emotional anspruchsvoll. Folglich erfordern solche Entscheidungen eine sorgfältige Abwägung der verschiedenen Möglichkeiten und deren Erfolgsaussichten. Studien zeigen, dass sich viele lesbische Frauen und schwule Männer Kinder wünschen, auch wenn ihr Anteil im Vergleich zu heterosexuellen Personen geringer ist. In Deutschland variiert der Anteil homosexueller Männer und Frauen mit Kinderwunsch je nach Studie zwischen 23 und 43 Prozent. Besonders unter den 25- bis 29-Jährigen ist der Wunsch nach Kindern stark ausgeprägt.
Es gibt deutliche Unterschiede zwischen den Vorstellungen von lesbischen Frauen und schwulen Männern, wie sie ihren Kinderwunsch umsetzen möchten. Die Mehrheit der Frauen bevorzugt eine leibliche Elternschaft durch künstliche Befruchtung, entweder mit Spendersamen aus einer Samenbank oder durch private Spender. Männer hingegen bleibt diese Möglichkeit naturgemäß leider aus, weshalb hier Adoption oder die Leihmutterschaft im Vordergrund steht. Letzteres ist in Deutschland sowie in weiteren 15 von 28 Mitgliedsstaaten der EU jedoch verboten, was den Prozess und die Möglichkeiten deutlich einschränkt.
Vielfalt und ihr verbundenes Potential
Regenbogenfamilien sind ein fester und wertvoller Bestandteil der modernen Familienlandschaft. Sie demonstrieren, dass sexuelle Orientierung und Kinderwunsch harmonisch miteinander vereinbar sind. Sie bieten ein vielfältiges und bereicherndes Bild unterschiedlichster Lebensentwürfe und elterlicher Gemeinschaften, die genauso liebevoll und verantwortungsvoll sind wie jede andere Familienkonstellation.
Trotz der Herausforderungen, denen sich Regenbogenfamilien immer noch stellen müssen, sind sie ein Symbol für die zunehmende gesellschaftliche Akzeptanz und das Streben nach Gleichberechtigung. Die Vielfalt der Regenbogenfamilien zeigt eindrucksvoll, dass Liebe, Fürsorge und Verantwortung unabhängig von der sexuellen Orientierung der Eltern existieren und gedeihen können. Durch kontinuierliche Aufklärung, rechtliche Gleichstellung und gesellschaftliche Anerkennung können wir ein Umfeld schaffen, in dem alle Familien, unabhängig von ihrer Zusammensetzung, die gleichen Chancen und Möglichkeiten haben, glücklich und gesund zu leben.
Autorin: Lara Huth
Quellen:
Bergold, P., Buschner, A., Mayer-Lewis, B., & Mühling, T. (Hrsg.). (2017). Familien mit multipler Elternschaft: Entstehungszusammenhänge, Herausforderungen und Potenziale. Verlag Barbara Budrich.
Carapacchio, I. (2008). Kinder in Regenbogenfamilien: Eine Studie zur Diskriminierung von Kindern Homosexueller und zum Vergleich von Regenbogenfamilien mit heterosexuellen Familien [Dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität München]. Ludwig-Maximilians-Universität München.
Kläser, T. A. (2010). Regenbogenfamilien - Möglichkeiten für Lesben und Schwule bei der Erziehung von Kindern. Universität Heidelberg.
Sagert, C. (2020). Vaterschaft in Regenbogenfamilien: Eine Fallstudie zur Familiengestaltung und Elternpraxis homosexueller Männer. Westfälische Wilhelms-Universität Münster.