Klimakrise – Corona – Krieg in der Ukraine
„Ich kann nicht mehr!“ möchten Viele gerade rufen.
Denn wir sind müde, Zukunftsängste bedrücken uns und jetzt, gerade in dem Moment, in dem es mit der Pandemie besser zu werden scheint, ist der Krieg in der Ukraine ausgebrochen. Wie kann es mir in dieser Situation gelingen, trotzdem weiterzumachen, meine Prioritäten gut zu justieren und darin meine Selbstwirksamkeit zu erleben und Sinn zu finden?
Wir erleben die aktuelle Krise aus sehr persönlichen und damit unterschiedlichen Perspektiven:
- Kolleg:innen, die sich Tag und Nacht um Familienmitglieder in der Ukraine und zu ihnen geflüchtete Landsleute intensiv kümmern
- Führungskräfte, in deren Team Menschen mit ukrainischer oder russischer Herkunft mit Ihren Gedanken und Gefühlen kämpfen und Kolleg:innen um einen neuen, guten Umgang miteinander ringen
- Unternehmer, die ihre berufliche Expertise gerade auf die Organisation von Hilfe in der Ukraine konzentrieren
- Ehrenamtliche, die Geflüchtete bei sich zu Hause aufnehmen
- Menschen, die bei Demonstrationen oder Mahnwachen und mit Spenden Haltung zeigen und doch mit ihrer Hilflosigkeit kämpfen
Diese Beispiele zeigen, dass Krisen nicht nur ganz konkreten Einfluss auf den einzelnen Menschen, sondern auch auf dessen Umgebung haben. Denn die Energien der betroffenen Kolleg:innen im Team sind verständlicherweise durch intensive Aktivitäten und Gefühle gebunden – und gleichzeitig muss ihr Fehlen im Arbeitsalltag durch Andere, die aufgrund der Pandemie ebenfalls hoch belastet sind, kompensiert werden.
Der Unternehmer trägt auch weiterhin die Verantwortung für seine Firma und Mitarbeiter, auch wenn er sich jetzt mit allen Kräften in die Organisation eines Hilfskonvois stürzt. So entsteht nicht nur eine individuelle Betroffenheit, sondern ein starker Einfluss auf das gesamte System. Krisenzeiten sind für uns alle ein Stoß aus der Komfortzone: Wir haben sie nicht bestellt und sie werden auch nicht spurlos vorbeigehen.
Die gute Nachricht ist: Die Menschheitsgeschichte hat uns als Spezies auf solche Krisenzeiten hervorragend vorbereitet.
Denn schon zu Urzeiten haben wir gelernt, mit den VUKA-Faktoren Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität umzugehen:
Wildbestände und Wetter waren zeitlich kurzen, volatilen Schwankungen unterworfen und Jagdglück und Ernährung damit unsicher. Komplexe Zusammenhänge wie der Lauf der Gestirne oder Wildwanderungen oder das mehrdeutige Verhalten anderer Gruppen mussten gedeutet und bewältigt werden, um zu überleben.
Diese ständigen Herausforderungen haben uns die psychische Fähigkeit der Resilienz ausbilden lassen. Wir sind also in der Lage schwierige Lebenssituationen nicht nur ohne anhaltende Beeinträchtigung zu meistern, sondern im besten Fall auch noch daraus zu lernen.
Wie kann ich also in der aktuellen Situation Selbstwirksamkeit erleben, im besten Fall sogar Sinn finden und Kompetenzen entwickeln?
- Meiner Angst ins Auge schauen
Angst ist ein starker Antreiber, der ursprünglich dafür sorgt, dass wir uns sofort aus der Gefahrenzone begeben. Wenn Flucht nicht möglich ist, gibt Angst uns die Energie zum Kampf (Flight or Fight). Dieses Gefühl befähigt uns also zu -ursprünglich lebensrettenden- Höchstleistungen. Um uns bei diesem Überlebenskampf zu unterstützen, hat unser Gehirn Erfahrungswerte für „hilfreiche“ Reaktionen gespeichert, die Bilder einer möglichen Zukunft entstehen lassen – im besten Fall entstehen Handlungsoptionen, oft aber auch ein wenig hilfreiches Gedankenkarussell.
- Konstruktive Gedanken und Handlungen stoppen das Gedankenkarussell und führen zu Selbstwirksamkeit
Gerade in schwierigen Zeiten hilft es, sich an gewohnte Routinen zu erinnern, an das, was mir persönlich immer schon gutgetan hat.
Tipp: Sich in ruhigen Momenten oder im Rahmen der gemeinsamen Arbeit in Krisenzeiten drei persönliche Stärkungsroutinen als Anker für schwierige Zeiten zu notieren. Denn im Stress der Krise erinnere ich mich möglicherweise nicht an meine Kraftquellen, aber sehr wohl an die Karte, auf der ich nachsehen kann!
Nehmen Sie sich jetzt einfach die Zeit, notieren Ihre drei persönlichen Kraftquellen – und setzen eine davon am besten heute noch in die Tat um!
Sie brauchen Ideen für Ihre Liste? Dann finden Sie hier sicher einen Ansatzpunkt:
• Welche Routinen geben Ihnen in Ihrem Leben Sicherheit?
• Was tut Ihnen persönlich immer gut?
Denken Sie daran: Eine Dosis Selbstfürsorge erhöht Ihre Selbstwirksamkeit!
Beispiele könnten sein: regelmäßige Bewegung, wenn möglich an der frischen Luft; Sport; Atmung beachten und Singen; regelmäßige Auszeiten in Meditation oder Gebeten.
• Medienkonsum prüfen beispielsweise Doombrowsing stoppen, Kanäle reduzieren, seriöse Medien nutzen, Zeitlimit festlegen
• Stellung beziehen mittels Mahnwachen, Demos, Diskussionen, Social Media, Politik
• Aktiv helfen durch Spenden, Unterkunft anbieten, ehrenamtliche Lotsenfunktion übernehmen
• Unterstützenden Austausch mit Menschen Ihres Vertrauens suchen beispielsweise mit Familie und Freunde, Helfersupervision, psychosoziale Beratung, Coaching
• Ablenkung und Humor: Gerade Krisenzeiten brauchen wir Entlastung durch Ablenkung. Denn es hilft niemandem, wenn wir uns schwächen, indem wir gedanklich permanent im Zentrum der Krise bleiben. Unternehmen Sie also etwas, das Ihnen Freude macht und kehren dadurch gestärkt zu Ihren Aufgaben zurück. Genauso wichtig ist das Lachen in Zeiten der Krise, denn Humor schenkt als kurze Auflockerung eine der notwendigen Atempausen.
• Was ist stabil und gut in Ihrem Leben?
Eine wunderbare Routine, darauf die Aufmerksamkeit zu lenken, ist ein Dankbarkeitstagebuch, in dem Sie Gelingen und Geschenktes festhalten.
Tipp: Die Karte mit Ihren Notizen befestigen Sie am besten an einem gut sichtbaren Platz. Sobald sich das „Ich kann nicht mehr!“ als wichtiges Alarmsignal meldet, setzen Sie einfach eine Ihrer neuen Routinen um.
• Sinn im Leben – Sinn in der Krise?
Diese neuen Routinen, genauso wie ein neues Erleben von Selbstwirksamkeit, persönlicher Kraft und neuentdeckten Fähigkeiten gibt Ihnen aus der Krise heraus nicht nur die Möglichkeit, einen Sinn zu entwickeln, sondern auch Lernerfolge und Erkenntnisgewinne für die Zukunft. Schenken Sie sich gleichzeitig selbst freundliche Wertschätzung für alle großen und kleinen Schritte, die Sie täglich zur Bewältigung der Krisensituation tun, und bleiben Sie voller Hoffnung!
„Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.“ Vaclav Havel
Text: famPLUS Kooperationspartnerin Frau Anna Basse
FamPLUS - Kompetent zu innerer Stärke.