Zum 1. Januar ist die Änderung des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit in Kraft getreten. Insbesondere das neu eingeführte Elterngeld Plus bringt für junge Eltern künftig mehr Flexibilität bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie in den ersten Lebensmonaten. Anhand von zwei Beispielen erklärt famPLUS die neuen Möglichkeiten.
Andrea Weiß ist im vierten Monat schwanger. Sie und ihr Mann Alexander sind beide Angestellte mit mittlerem Einkommen. Auch Andreas Freundin, die freie Grafik-Designerin Clara Michels, bekommt im Juli ein Baby von ihrem Freund Peter. Alle vier denken über ihren Antrag auf Elterngeld nach und haben dabei ganz unterschiedliche Bedürfnisse.
Bisher bekommt ein Elternteil, der sein Kind selbst betreut und deshalb kein Geld verdienen kann, für die ersten zwölf Monate nach der Geburt Elterngeld. Für weitere zwei Monate gibt es Elterngeld, wenn auch der Partner kein Erwerbseinkommen nach Hause bringt – die sogenannten Partnermonate.
So wird Elterngeld berechnet
Andrea Weiß plant, die ersten Monate nach der Geburt ihres Kindes zu Hause zu bleiben. Ihr Mann Benedikt wird weiter arbeiten. Andrea bekommt als Angestellte in der Elternzeit grundsätzlich 67 Prozent ihres Nettoeinkommens als Elterngeld ausgezahlt. Für Einkommen, die nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben im Monatsdurchschnitt unter 1.000 Euro liegen steigt der Prozentsatz auf bis zu 100 Prozent. Mindestens werden 300 Euro monatlich ausgezahlt – selbst wenn der betreuende Elternteil vorher kein Einkommen hatte. Wer mehr als 1.200 Euro verdient, muss Abschläge hinnehmen. Dann sinkt der Berechnungssatz um 0,1 Prozentpunkte pro 20 Euro auf minimal 65 Prozent. Bei 2.770 Euro ist das Nettoeinkommen gedeckelt. Mehr als 1800 Euro Elterngeld gibt es deshalb nicht. Spitzenverdiener mit einem Jahreseinkommen über 250.000 Euro bekommen gar kein Elterngeld mehr.
Andrea zum Beispiel hat nach Abzug von Sozialversicherung und Steuern monatlich 1.380 Euro zur Verfügung. Sie bekommt daher Elterngeld in Höhe von 66,1 Prozent ihres Gehalts.
Nur für Geburten nach dem 1. Juli 2015: das neue Elterngeld Plus
Neben dem Basis-Elterngeld gibt es für Eltern, deren Kinder nach dem Stichtag 1. Juli 2015 geboren werden, eine neue Variante: das Elterngeld Plus. Es streckt den Zeitraum, in dem die Unterstützung gezahlt wird, auf bis zu 28 Monate. Die Gesamtsumme allerdings steigt nicht. Denn das Elterngeld Plus ist nur halb so hoch.
Mit dem Elterngeld Plus beschäftigt sich die selbständige Grafik-Designerin Clara Michels intensiv, weil sie gehört hat, dass sie so über einen wesentlich längeren Zeitraum Geld von der Elterngeldstelle bekommt.
Bemessungsgrundlage bei Selbständigen ist der Gewinn, der im letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum erwirtschaftet wurde, in der Regel das Kalenderjahr vor der Geburt. Für Clara ist das letzte Jahr gut gelaufen. Sie hat in der letzten Einkommenssteuererklärung einen Gewinn von 27.600 Euro ausgewiesen, der nun als Berechnungsgrundlage gilt.
Sie macht folgende Rechnung auf:
Clara durchschnittliches Monatseinkommen vor der Geburt: 2.300 Euro
Clara Berechnungssatz: 65 Prozent
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Elterngeld: 1.495 Euro
Elterngeld Plus: 747,50 Euro
Anders als Andrea will Freiberuflerin Clara möglichst bald wieder arbeiten und dazu verdienen. Mehr als 30 Stunden in der Woche darf sie im Monatsschnitt allerdings nicht arbeiten, wenn sie noch Elterngeld bekommen möchte.
Das Gute: die Möglichkeiten des neuen Elterngeld Plus lassen sich mit denen des Basis-Elterngeldes problemlos kombinieren. Sie kann zum Beispiel die ersten vier Monate mit dem Kind zuhause bleiben und das Basis-Elterngeld beantragen. Statt weiterer acht Monate Basis-Elterngeld kann sie sich danach für 16 Monate Elterngeld Plus entscheiden.
Bei Teilzeitarbeit wird der Zuverdienst angerechnet
Wenn Clara wieder bis zu 30 Stunden in Teilzeit arbeitet, wird ihr Zuverdienst nach dem Differenzprinzip auf das Basis-Elterngeld angerechnet. Dafür berechnet die Elterngeldstelle den Unterschied zwischen dem Einkommen vor der Geburt und dem Einkommen im Bezugszeitraum. Besonders wichtig für Selbständige wie Clara: Maßgeblich ist das Durchschnittseinkommen während des Bezugszeitraums. Auf den Differenzbetrag wendet die Elterngeldstelle dann den Berechnungssatz an, der sich aus dem Einkommen vor der Geburt ergibt.
Claras durchschnittliches Nettoeinkommen vor der Geburt: 2.300 Euro
Claras durchschnittlicher Zuverdienst pro Monat im Bezugszeitraum: 600 Euro
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Differenzbetrag: 1.700 Euro
Claras Bemessungssatz: 65 Prozent
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Elterngeld bei Teilzeit (12 Monate): 1.105 Euro
Anders beim Elterngeld Plus: Auch wenn Clara Teilzeit arbeitet, bleibt es halb so hoch wie das Elterngeld ohne Einkommen nach der Geburt.
Neu ist außerdem die Möglichkeit, dass beide Elternteile im Rahmen des Partnerbonus gleichzeitig bis zu vier Monate in Teilzeit arbeiten und in dieser Zeit zusätzlich zum Teilzeiteinkommen Elterngeld Plus beziehen. Voraussetzung: beide arbeiten nicht mehr als 30 und nicht weniger als 25 Stunden in der Woche.
Andreas Nettoeinkommen vor der Geburt: 1.380 Euro
Andreas Bemessungssatz: 66,1 Prozent
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Elterngeld Plus (912,18 Euro/2): 456,09 Euro
Andreas Nettoeinkommen in Teilzeit (25 Stunden/Woche): 700 Euro
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Monatseinkommen gesamt: 1.156,09 Euro
Benedikts durchschnittliches Nettoeinkommen vor der Geburt: 2.700 Euro
Benedikts Bemessungssatz: 65 Prozent
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Elterngeld Plus (1.755 Euro/2): 877,50 Euro
Benedikts Nettoeinkommen in Teilzeit (25 Stunden/Woche): 1.300 Euro
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Monatseinkommen gesamt: 2.177,50 Euro
Basis-Elterngeld und Elterngeld Plus lassen sich kombinieren
Andrea und ihr Mann Benedikt überlegen, wie genau sie die verschiedenen Elterngeld-Option kombinieren. Andrea würde gerne spätestens nach 10 Monaten Basis-Elterngeld wieder in den Job einsteigen. Vorerst nur für 25 Stunden. Benedikt würde in den darauf folgenden vier Monaten ebenfalls seine Arbeitszeit auf 25 Stunden reduzieren und den Partnerbonus in Anspruch nehmen.
Final entscheiden muss sich das Paar so schnell noch nicht. Zwar müssen Andrea und Benedikt in ihrem Antrag auf Elterngeld schon zu Beginn angeben, für welche Monate sie Elterngeld oder Elterngeld Plus beziehen möchten. Sie können ihre Wahl aber bis zum Ende des Bezugszeitraums ändern. Andrea beruhigt das sehr: Wenn sie nämlich eine gute Betreuungslösung für ihr Kind findet, kann sie sich gut vorstellen, auch schon früher wieder in ihren alten Job zurückzukehren. Achtung: Ist das höhere Elterngeld einmal ausgezahlt,
kann nicht mehr rückwirkend auf das Elterngeld Plus gewechselt werden.
Extra-Tipp:
Das Bundesfamilienministerium hat umfangreiches Informationsmaterial zum Elterngeld Plus entwickelt und ins Netz gestellt. Unter anderem eine Checkliste mit den wesentlichen Informationen zum Elterngeld Plus. Hier wird auch auf die notwendigen Formulare für den Antrag auf Elterngeld Plus verwiesen.
Das Wichtigste zusammengefasst
- Wer sein Kind nach der Geburt zuhause betreut und in dieser Zeit kein Geld verdient, bekommt zwischen 65 und 67 Prozent seines Nettoeinkommens als Elterngeld.
- Für Kinder mit Geburtstermin nach dem 1. Juli 2015 können Eltern alternativ Elterngeld Plus beantragen.
- Das Elterngeld Plus ist nur halb so hoch wie das Elterngeld – dafür wird es doppelt so lange ausgezahlt, bis zu 24 Monate.
- Sowohl beim Elterngeld als auch beim Elterngeld Plus können Berechtigte dazuverdienen –allerdings wird dann nur noch die Differenz zum Einkommen vor der Geburt ausgeglichen.
- Mit dem neuen Elterngeld Plus lassen sich die Partnermonate von zwei auf vier Monate verlängern. Voraussetzung: beide Eltern arbeiten zwischen 25 und 30 Stunden wöchentlich.
- Im Antrag auf Elterngeld muss angegeben werden, für welche Monate Elterngeld oder Elterngeld Plus beantragt wird. Einmal getroffene Entscheidungen können bis zum Ende des Bezugszeitraums geändert werden.
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