Hausarzt, Neurologe oder Gedächtnisambulanz: Wohin wenden bei Verdacht auf Demenz?

Eine Demenz entwickelt sich normalerweise schleichend. Die Anzeichen kommen langsam daher und sind meist unspezifisch. Die Betroffenen verlegen Gegenstände, ihnen fehlen im Gespräch die passenden Worte oder sie fragen wiederholt das Gleiche. Anfangs fällt das oft nicht auf, weder Betroffenen noch Angehörigen. Denn jeder ist mal unkonzentriert, vergisst etwas oder hat einen schlechten Tag.

Meist verändert sich auch die Kommunikation, es kommt häufiger zu Streit oder zum Rückzug. Die Betroffenen verändern sich in ihrem Verhalten, wirken uninteressiert oder unnahbar. Sie selbst merken dies oft gar nicht. Die Angehörigen können die Veränderungen kaum einordnen, das Miteinander wird für viele schwerer. Hinter den Anzeichen kann eine Demenzerkrankung stecken – und das sollte abgeklärt werden. Im Internet gibt es etliche Online-Tests und Fragebögen, eine verlässliche Diagnose können jedoch nur Fachleute stellen.

Verdacht auf Demenz: Wann zum Arzt?

Häufig dauert es Jahre, bis die Betroffenen sich untersuchen lassen und eine Diagnose steht. Viel zu lange, kritisieren Experten und Expertinnen. Sie raten zu einer frühzeitigen Diagnose. Denn je früher eine Demenz erkannt wird, umso eher kann eine Behandlung beginnen. Medikamentöse und andere Therapien können eine Demenz zwar nicht heilen, aber sie können damit verbundene Symptome lindern und Lebensqualität schenken. Zudem ermöglicht eine frühe Diagnose es Betroffenen und ihren Familien, sich besser auf die Veränderungen einzustellen und Strategien für den neuen Alltag zu entwickeln. Und: Betroffene können selbstbestimmt regeln, wie sie gepflegt und betreut werden möchten.

Wann ist der richtige Zeitpunkt, um zum Arzt zu gehen? Wann sind Anzeichen auffällig? Der Rat von Fachleuten: Wenn die Gedächtnisprobleme seit mindestens sechs Monaten auftreten und den Alltag beeinträchtigen, sollte man sich an einen Arzt oder eine Ärztin wenden. Ein „zu früh“ gibt es dabei eigentlich nicht, denn eine Demenzerkrankung kann auch in frühem Stadium erkannt werden.

Erste Anlaufstelle: Hausarzt

Bei Verdacht auf Demenz ist der erste Ansprechpartner immer der Hausarzt oder die Hausärztin. Sie können erste Untersuchungen durchführen und mitunter eine Diagnose sollten und spezifische Medikamente gegen Demenz verschreiben.

Sind weitere Untersuchungen notwendig, weil die Diagnose nicht eindeutig ist, kann der Hausarzt an einen Facharzt – einen Neurologen oder Psychiater – überweisen. Sie sind Experten für Erkrankungen des Gehirns und können umfassend untersuchen. Möglich ist aber auch die Überweisung an eine Gedächtnisambulanz.

Was ist eine Gedächtnisambulanz?

Gedächtnisambulanzen sind Einrichtungen, die auf die Diagnose und Behandlung von Gedächtnisstörungen und anderen kognitiven Problemen spezialisiert sind. Häufig sind sie an Universitäten und Forschungszentren angegliedert. Sie werden auch Memory-Klinik oder Gedächtnissprechstunde genannt. In ganz Deutschland gibt es 200 solcher Gedächtnisambulanzen. Eine Übersicht über alle Gedächtnissprechstunden bietet die Deutsche Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie e.V. (DGGPP): http://dggpp.de/gedaechtnissprechstunde/

An einer Gedächtnisambulanz arbeitet ein Team aus Fachleuten, meist Neurologen, Psychiater, Psychologen, Sozialpädagogen und Pflegekräfte. Genauso wenig wie es die eine Demenzerkrankung gibt, gibt es den einen Test auf Demenz. Im Frühstadium kann es knifflig sein, eine Diagnose zu stellen, weil die Symptome leicht und unspezifisch sind. Zur Diagnosenstellung braucht es Expertise und verschiedene Untersuchungen. Niedergelassene Haus- und Fachärzte haben in ihrer Praxis dafür üblicherweise nicht die Mittel und Möglichkeiten für umfangreiche Tests. Daher überweisen sie die nicht so eindeutigen Fälle an eine Gedächtnisambulanz. Auch bei Betroffenen mit selteneren Demenzformen sind die Spezialisten oft die besseren Ansprechpartner.

Was passiert in einer Gedächtnisambulanz?

Der Ablauf in einer Gedächtnisambulanz beginnt oft mit einem ausführlichen Gespräch. Dabei werden die Symptome und die Krankheitsgeschichte mit dem Arzt oder der Ärztin besprochen. Wichtig ist, dass die Patienten Arztbriefe, Medikationspläne und Untersuchungsbefunde mitbringen. Auch wichtig: Hilfsgeräte wie Brille und Hörgerät mitzunehmen, damit sie bei den neuropsychologischen Tests gut mitmachen können.

Die Psychologen führen verschiedene Tests durch. Am bekanntesten ist der sogenannte Uhren-Test, doch es gibt etliche weitere neuropsychologischer Tests. Mit diesen wird die Merk- und Konzentrationsfähigkeit, das Sprachverständnis, das logische Denken, das Urteilsvermögen und die visuell-räumliche Fähigkeiten geprüft. Diese Tests finden in der Regel ohne Angehörige statt, da die Patienten nicht beeinflusst werden sollen.

Die psychologischen Tests liefern erste Hinweise darauf, ob es sich um eine Demenz handelt, um welche Form und um welchen Schweregrad. Einige dieser Untersuchungen werden regelmäßig, meist alle sechs Monate, wiederholt, um den Verlauf zu beobachten..

Weitere Untersuchungen: Labortests und bildgebende Verfahren

Auch eine körperliche Untersuchung findet statt. Dazu zählen auch Blut- und Urinuntersuchungen. Diese Labortests dienen dazu, andere Erkrankungen auszuschließen, etwa Stoffwechselstörungen oder einen Vitamin-B12-Mangel.

Wenn der Verdacht auf eine Demenz besteht, können weitere Untersuchungen notwendig sein, beispielsweise eine Lumbalpunktion. Dabei wird mit einer feinen Nadel Nervenwasser aus dem Kanal der Wirbelsäule entnommen. Typischerweise lassen sich bei Alzheimer im Nervenwasser Veränderungen bestimmter Eiweiße erkennen.

Bei der Diagnose können auch bildgebende Verfahren wie Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) zum Einsatz kommen. Dabei werden Aufnahmen des Gehirns gemacht. So lässt sich die betroffene Region im Gehirn identifizieren und erkennen, wie viel Nervengewebe geschädigt ist. Allerdings können die bildgebenden Verfahren auch dazu dienen, eine Demenz auszuschließen und andere Krankheiten zu entdecken. Hinter den Gedächtnisproblemen kann beispielsweise ein Hirntumor stecken oder Blutungen im Gehirn.

Nach den Untersuchungen wird gemeinsam mit den Patienten ein Behandlungsplan erstellt. Dies kann eine medikamentöse Therapie, kognitive Trainingseinheiten, Ernährungs- und Lebensstiländerungen oder psychologische Unterstützung beinhalten. Auch Angehörige werden einbezogen.

Begleitung nach der Diagnose

Die Profis in einer Gedächtnisambulanz stellen nicht nur die Diagnose, sondern sie begleiten und beraten auch auf dem Weg in den neuen Alltag mit der Erkrankung. So gibt es im Team einer Gedächtnisambulanz in der Regel Sozialpädagogen oder Sozialarbeiter. Sie können umfassend zu Leistungen der Pflegeversicherung, Sozialhilfe und Alltag informieren. Viele Betroffene und Angehörige fallen nach der Diagnose in ein Loch, die Beratung ist ihnen eine wertvolle Stütze. Sie fängt an und hilft bei den ersten Schritten.

Die Experten beraten auch zu Unterstützungs- und Entlastungsleistungen und können bei der Antragstellung für den Pflegegrad helfen. Für die langfristige Begleitung sind sie in der Regel nicht zuständig. Gedächtnisambulanzen können jedoch lokale Hilfe- und Selbsthilfeadressen weitergeben und hilfreiche Kontakte und Ansprechpartner vermitteln.

Da Gedächtnisambulanzen häufig an Klinken und Forschungszentren angeschlossen sind, gibt es dort mitunter auch die Möglichkeit, an klinischen Studien teilzunehmen.

Was erwartet Angehörige?

Auch Angehörige von Menschen mit Gedächtnisproblemen finden in einer Gedächtnisambulanz oftmals wichtige Unterstützung. Sie können Informationen über die Erkrankung erhalten und lernen, wie sie gut helfen können. Mitunter gibt es auch Angebote zur Selbsthilfe oder zum Austausch mit anderen Angehörigen.

Damit pflegende Angehörige sich gut an die neue Rolle gewöhnen, benötigen sie Wissen über die Demenzerkrankung. Wichtig ist es auch, dass sie gut auf sich achtgeben. Selbstmitgefühl und Selbstfürsorge sind nicht nur Modeworte, sondern hilfreiche Maßnahmen, damit es Pflegenden und Sorgenden langfristig gut geht. Nur, wenn es ihnen gut geht, können sie gut für ihre Angehörigen mit Demenz sorgen. 

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Von Peggy Elfmann


Quellen:

https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/neurologie/erkrankungen/alzheimer-erkrankung/diagnostik/

https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/wissen/demenz/diagnostik

dggpp.de/gedaechtnissprechstunde/

https://www.alzheimer-forschung.de/alzheimer/diagnose/gedaechtnisambulanz/

https://www.deutsche-alzheimer.de/fileadmin/Alz/pdf/factsheets/infoblatt3_diagnose_dalzg.pdf

https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/neurologische-erkrankungen/verdacht-auf-demenz-diagnose-und-therapie-gedaechtnisambulanz-1030515.html

Peggy Elfmann: Demenz. Verstehen und achtsam begleiten. Wort und Bild Verlag, 2022 

 

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