Sturzprävention: 10 Tipps, um Stürzen vorzubeugen

Sturzprävention: 10 Tipps, um Stürzen vorzubeugen

Ein falscher Schritt und schnell ist es passiert, kurz gestolpert und hingefallen. Die meisten Stürze laufen glimpflich ab, sie können jedoch auch zu ernsten Folgen führen: Prellungen, Verstauchungen, Knochenbrüche, Hüftfrakturen. Ältere und pflegebedürftige Menschen sind besonders gefährdet. „Ein Sturz kann weitreichende Folgen haben“, sagt Pflege-Expertin Michaela Pulina-Mathein aus Nidderau. Sie ist als Pflegedienstleitung, Gutachterin tätig sowie selbstständige Pflegeberaterin für FamPLUS und schult Pflegende zur Sturzprävention.

Stürze und sturzbedingte Verletzungen gehören zu den häufigsten Ereignissen, die zu Hause lebende ältere Menschen in ihrer Selbstständigkeit und Mobilität einschränken. „Stürze haben selten nur eine Ursache, sondern häufig kommen verschiedene Faktoren zusammen“, erklärt die Pflege-Expertin. Diese lassen sich unterteilen in Faktoren, die:

  • die Person betreffen,
  • das Wohnumfeld betreffen
  • die Medikation betreffen

Wichtig zu wissen: Verschiedene Erkrankungen können das Sturzrisiko erhöhen. Dazu zählen beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schwindel, Bluthochdruck, Demenz, Parkinson und Depressionen. Besprechen Sie mit dem Arzt die medizinische und therapeutische Behandlung. Auch in der Pflegeberatung können Sie sich entsprechend informieren.

1. In Bewegung bleiben

„Der wichtigste Tipp in punkto Sturzvorbeugung heißt: Bewegung“, sagt Michaela Pulina-Mathein. Wer regelmäßig aktiv ist, trainiert die Muskeln und schult die Balance – und genau das ist die Voraussetzung, um sicher gehen zu können. Die Pflege-Expertin rät: „Es gibt auch gezielte Bewegungsangebote zur Sturzprävention.“ Anbieter sind etwa Sportvereine oder Krankenkassen. Die Bundeszentrale für Gesundheit hat ein Übungsprogramm entwickelt, das Sie hier finden. https://www.gesund-aktiv-aelter-werden.de/service/materialien/sturzpraevention/

Mindestens so wichtig wie Muskel- und Balance-Training ist die Alltagsbewegung. „Von der Couch aufstehen und in die Küche gehen oder mal auf einem Bein stehen, das sind kleine Übungen, die sich gut in den Alltag einbauen lassen“, sagt Michaela Pulina-Mathein. „Wenn man das 20 mal macht, ist das schon gut.“ Eine gute Balance-Übung für zwischendurch: im Sitzen die Zehen aufstellen oder einfach mal barfuß gehen. Je bewegter der Alltag, umso effektiver.

2. Angst nehmen

Wer schon einmal hingefallen ist, hat oft Angst, wieder zu stürzen – und damit steigt das eigene Sturzrisiko. „Häufig entsteht ein Teufelskreis“, erklärt die Pflege-Expertin. Aus Angst erneut zu fallen, bewegen sich die Betroffenen weniger. Dies wiederum führt dazu, dass sie unsicherer werden. Durch den Bewegungsmangel nimmt die Muskelkraft und das Gleichgewicht ab, was wiederum das Risiko erhöht zu stürzen. Wenn Ihr Angehöriger sich zurückzieht und vor Bewegung scheut, versuchen Sie Bewegungsanreize zu schaffen und gemeinsam aktiv zu sein. Besprechen Sie mit dem Hausarzt und/oder Pflegekräften, was Ihrem Angehörigen helfen könnte. 

3. Passende Kleidung und Schuhe

Eine Stolpergefahr sind zu lange oder Hosen oder Röcke. Auch zu große Schuhe oder offene Schlappen erhöhen das Risiko, zu stürzen. Gerade, wenn es schnell gehen soll, weil Ihr Angehöriger zur Tür eilt oder eine Schwelle nehmen muss, kann man schnell mit der Kleidung hängenbleiben oder darüber stolpern. Auch das Treppengehen kann dann kritisch werden. Tipp der Expertin: „Achten Sie immer auf passende Kleidung und lassen Sie Hosen unbedingt kürzen.“ Die Schuhe sollten festen Halt bieten, ideal sind geschlossene Hausschuhe.

4. Sturzgefahr durch Inkontinenz

Menschen, die an einer Inkontinenz leiden, haben ein erhöhtes Sturzrisiko. Das liegt daran, dass sie oft sehr schnell zur Toilette eilen. „Wählen Sie Kleidung, die sich leicht an- und ausziehen lässt“, empfiehlt die Pflege-Expertin. Besprechen Sie mit dem Hausarzt oder Pflegepersonal, welche Möglichkeiten es zudem gibt (Kontinenztraining, Vorlagen, Medikamente).

5. Sehschwäche und Hörverluste behandeln lassen

Wer nicht gut sieht, hat eine erhöhte Sturzgefahr. Tipp der Expertin: „Lassen Sie regelmäßig die Sehkraft Ihres Angehörigen kontrollieren und die Brillenstärke anpassen.“ Achten Sie darauf, dass Ihr Angehöriger auch für kurze Wege die Brille aufsetzt und eine Ersatzbrille vorhanden ist.

Hörverluste erhöhen ebenfalls das Sturzrisiko, denn häufig ist auch der Gleichgewichtssinn beeinträchtigt. Regelmäßige Kontrollen der Hörfähigkeit und eine Behandlung durch Hörgeräte können das Sturzrisiko senken.

6. Medikamente regelmäßig prüfen

Bestimmte Medikamente können die Aufmerksamkeit und das Reaktionsvermögen beeinträchtigen, etwa Schlaf- und Beruhigungsmittel oder Antidepressiva. Bevor Ihr Angehöriger ein neues Medikament bekommt, sollten mögliche Nebenwirkungen besprochen werden. Wichtig ist die korrekte Einnahme (Dosierung und Zeitpunkt). Gut zu wissen: Arzneien können sich auch gegenseitig beeinflussen. „Lassen Sie regelmäßig vom Arzt und/oder Apotheker kontrollieren, welche Medikamente eingenommen werden, wie diese zusammenspielen und ob es alternative Präparate gibt“, empfiehlt Michaela Pulina-Mathein.

7. Haltegriffe im Flur und Bad anbringen

Eine hilfreiche Maßnahme, um das Sturzrisiko zu Hause zu minimieren, sind Haltegriffe. „Wichtig sind stabile Griffe im Flur, an Treppen und im Bad neben der Toilette und in der Wanne“, sagt Pulina-Mathein. Sorgen Sie dafür, dass Handläufe und Haltegriffe gut erreichbar und sicher befestigt sind, damit sie Unterstützung und Stabilität bieten. Solche Maßnahmen können Sie oft auch über die Pflegeversicherung finanzieren. Informieren Sie sich dazu vorab und besprechen dies mit der Pflegeberatung, die ganz konkret zu Ihrer Situation beraten kann.

8. Für gute Beleuchtung sorgen

Besonderen Augenmerk legt die Pflege-Expertin auf das Licht im Wohnumfeld. „Durch eine gute Beleuchtung können Hindernisse, Stufen und Unebenheiten besser erkannt werden. Das verringert das Risiko von Stürzen erheblich“, sagt sie. Ihr Tipp: Bewegungsmelder oder Nachtlichter im Flur und auf Treppen verwenden. Wenn Ihr Angehöriger nachts etwa zur Toilette geht, wird durch Bewegungsmelder das Licht automatisch eingeschaltet und der Weg erleuchtet. Nachtlichter sorgen dafür, dass es im Dunkeln ausreichend hell ist. Dies reduziert das Risiko von Stürzen und unterstützt Ihren Angehörigen dabei, sicher und selbstständig durch die Wohnräume zu navigieren.

9. Teppiche und andere Stolperfallen

„Eine häufige Stolpergefahr sind Teppiche und Teppichläufer“, sagt Michaela Pulina-Mathein. Wenn Teppiche Wellen schlagen oder nicht gut auflegen, kann man leicht darüber stolpern. Auch herumliegende Kabel oder rutschige Böden können das Sturzrisiko erhöhen.

So können Sie die Gefahren minimieren: lose Teppiche oder sehr dicke Teppiche entfernen, Teppichläufer und Teppichkanten können Sie auch mit einer Antirutschmatte oder Antirutschstreifen fixieren. Kabel sollten nicht frei herumliegen. Ist der Boden glatt, kann eine dünne, rutschfesteMatte hilfreich sein. Falls Ihr Angehöriger einen Rollator nutzt, sollte er den Umgang damit üben, am besten auch auf verschiedenen Böden.

10. Technische Hilfsmittel nutzen

Technische Anwendungen können dabei helfen, das Sturzrisiko zu minimieren. Zum Beispiel können Sie Bewegungssensoren im Wohn- und Schlafzimmer installieren, um Stürze frühzeitig zu erkennen und einen Alarm auszulösen. Sturzdetektoren, die als Armbänder oder Halsketten getragen werden, ermöglichen eine schnelle Benachrichtigung im Falle eines Sturzes. Solche Armbänder sind mitunter auch Teil eines Hausnotrufsystems. „In vielen Fällen übernimmt die Pflegekasse dafür ganz oder teilweise die Kosten“, sagt die Pflege-Expertin. Für das Schlafzimmer eignen sich unter Umständen auch Bodenmatten mit Drucksensoren. Sie erkennen, wenn Ihr Angehöriger das Bett verlässt oder herausfällt und geben einen Alarm. „Die Sensoren können vielleicht nicht verhindern, dass jemand fällt, aber sie sorgen dafür, dass schneller Unterstützung und Hilfe kommt“, erklärt Pulina-Mathein. Sie rät dazu, sich in der Pflegeberatung gezielt über technische Hilfsmittel zu informieren. „So können Sie herausfinden, was Ihnen in Ihrer individuellen Pflege-Situation am besten helfen kann.“

Quellen:

Interview mit Michaela Pulina-Mathein

Expertenstandard Sturzprophylaxe in der Pflege:

https://www.biva.de/dokumente/broschueren/Sturzprophylaxe.pdf

Stürze vermeiden des Zentrums für Qualität in der Pflege:

https://www.pflege-praevention.de/tipps/stuerze-pflegebeduerftige/

Sturzprävention der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung:

https://www.gesund-aktiv-aelter-werden.de/service/materialien/sturzpraevention/

Die Teppich-Diskussion:

https://alzheimerundwir.com/wohnen-demenz-teppich/

 

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